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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 369/08
Rechtsgebiete: ArbGG, TV-Ärzte, BÄO, ÄAppO, ArbGG, ZPO, TVÜ-Ärzte
Vorschriften:
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
TV-Ärzte § 12 | |
TV-Ärzte § 15 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 1 S. 2 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 2 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 2 S. 1 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 2 S. 1 HS. 1 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 2 S. 1 HS. 2 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 2 | |
TV-Ärzte § 16 Abs. 2 S. 2 | |
TV-Ärzte § 19 Abs. 2 S. 2 | |
BÄO § 2 Abs. 1 | |
BÄO § 2 Abs. 2 | |
BÄO § 2 Abs. 3 | |
BÄO § 2 Abs. 4 | |
BÄO § 2 a | |
BÄO § 10 | |
BÄO § 10 Abs. 4 a.F. | |
BÄO § 10 Abs. 6 | |
ÄAppO §§ 34 ff. a.F. | |
ÄAppO § 35 a.F. | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 | |
TVÜ-Ärzte § 5 S. 2 | |
TVÜ-Ärzte § 5 S. 3 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 6 Sa 369/08
Verkündet am 25.02.2009
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.07.2008 - ö. D. 6 Ca 1792 b/08 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Tätigkeitszeit des Klägers als Arzt im Praktikum (AiP) bei der Stufenzuordnung im Bereich des TV-Ärzte zu berücksichtigen ist.
Der am ....1975 geborene Kläger trat am 01.07.2003 als Arzt im Praktikum in die Dienste des beklagten Landes. Seiner Tätigkeit lag der bis zum 31.12.2004 befristete Ausbildungsvertrag vom 19.05.2003 (Anlage K 1 = Bl. 7 f. d. A.) zugrunde. Der Kläger wurde von dem seinerzeit noch rechtlich unselbständigen U... S...-H... (im Folgenden: U...) in der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde eingesetzt. Ausweislich des ihm mit Datum vom 16.06.2008 erteilten Zeugnisses (Anlage K 2 = Bl. 9 f. d. A.) führte der Kläger prinzipiell die gleichen Tätigkeiten wie ein vollapprobierter Arzt durch; z.B. wurde er im HNO-ärztlichen Bereitschaftsdienst eingesetzt.
Nach Erlangung der Approbation beschäftigte das beklagte Land den Kläger ab dem 01.10.2004 auf der Grundlage aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge als Arzt im U.... Der letzte befristete Arbeitsvertrag datiert vom 24.01.2008 und betrifft den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 30.06.2011 (vgl. Anlage K 5 = Bl. 14 f. d.A.).
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) Anwendung, und zwar wegen des bis zum 31.12.2007 geltenden Tarifvertrages für das U... S...-H... vom 20.10.2004 (Beschäftigungspakt) ab 01.01.2008.
Mit Schreiben vom 22.01.2008 (Anlage K 6 = Bl. 16 d. A.) teilte das U... dem Kläger mit, das Arbeitsverhältnis sei auf Grundlage des TVÜ-Ärzte auf den TV-Ärzte überzuleiten. Er sei infolgedessen ab dem 01.01.2008 in die Entgeltgruppe Ä 1/Stufe 4 des TV-Ärzte eingruppiert. Der Kläger machte am 18.03.2008 mündlich geltend, dass seine als Arzt im Praktikum abgeleistete Zeit bei der Eingruppierung zu berücksichtigen sei und beanspruchte Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe für Assistenzärzte. Das lehnte das U... mit Schreiben vom 18.03.2008 (Anlage K 7 = Bl. 17 d. A.) ab.
Am 26.06.2008 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Eingruppierungsfeststellungs-klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, dass er aufgrund seiner vorangegangenen Tätigkeit als Arzt im Praktikum bereits ab dem 01.01.2008 Anspruch auf Vergütung nach der EntgGr. Ä 1, Stufe 5 TV-Ärzte/TdL habe.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.07.2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine frühere Tätigkeit als Arzt im Praktikum sei keine für die Stufenzuordnung anrechenbare ärztliche Tätigkeit i. S. v. § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte. Das ergebe eine Auslegung der Norm. Eine Anrechnung der AiP-Zeiten nach § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte komme gleichfalls nicht in Betracht. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 10.09.2008 zugestellte Urteil am 06.10.2008 Berufung eingelegt und diese am 10.11.2008 begründet.
Der Kläger behauptet, er habe im Rahmen seiner AiP-Tätigkeit hinsichtlich der ihm überantworteten Patienten die komplette ambulante bzw. stationäre Versorgung übernommen. Er habe eigenständig Akutversorgungen im Aufwachraum durchgeführt und Entlassungsbriefe geschrieben. Von Beginn an habe er kleinere Eingriffe unter fachärztlicher Leitung und wenige Wochen später selbständig durchgeführt. Der Kläger behauptet, dass er als Arzt im Praktikum eigenverantwortlich und selbstständig ärztliche Tätigkeit verrichtet habe, die der eines vollapprobierten (Assistenz-) Arztes gleichzustellen sei. Diese Zeit sei als Vorzeit ärztlicher Tätigkeit mit einschlägiger Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei auch ein Arzt im Praktikum ein Arzt im Sinne des Medizinalrechts. Nach § 2 a BÄO dürfe die Berufsbezeichnung "Arzt/Ärztin" nicht nur derjenige führen, dem eine Approbation erteilt worden sei, sondern auch eine Person, die nach § 2 Abs. 2, 3 oder 4 BÄO zur Ausübung des ärztlichen Berufes befugt sei. Nach § 35 der bis zum 30.09.2004 geltenden Approbationsordnung habe der Arzt im Praktikum ärztliche Tätigkeiten aufgrund einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes nach § 10 BÄO unter Aufsicht ausüben dürfen, um seine Kenntnisse und Fähigkeiten zu vertiefen. § 10 BÄO regele die Einzelheiten einer Erlaubnis i. S. v. § 2 Abs. 2 BÄO, also einer Erlaubnis, die nach § 2 a BÄO zum Führen der Berufsbezeichnung "Arzt/Ärztin" berechtige. Als Arzt im Praktikum sei er, der Kläger, deshalb zum Führen der Berufsbezeichnung "Arzt" berechtigt gewesen. Demnach habe er als Arzt im Praktikum ärztliche Tätigkeit ausgeübt und dementsprechend "einschlägige Berufserfahrung" i. S. v. § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte gesammelt. Der Kläger meint, die Begriffe "ärztliche Tätigkeit" und "einschlägige Berufserfahrung" seien gleichzusetzen.
Das Arbeitsgericht habe den Bedeutungsgehalt der angezogenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verkannt. In den angezogenen Entscheidungen habe sich das Bundesarbeitsgericht mit der Ein- bzw. Höhergruppierung nach VergGr. I b Fallgr. 7 und 13 BAT befassen müssen. Diese Vergütungsgruppen enthielten nicht die Tarifmerkmale "Vorzeiten" und "einschlägige Berufserfahrung", sondern stellten auf den Doppelbegriff "Arzt mit ärztlicher Tätigkeit" ab. Dieser Begriff finde sich in § 16 Abs. 2 TV-Ärzte nicht.
Das Arbeitsgericht habe zudem den Begriff der Vorzeiten des § 16 Abs. 2 S.1 HS. 1 TV-Ärzte nicht gewürdigt. Als Vorzeiten gemäß § 16 Abs. 2 S.1 HS. 1 TV-Ärzte könnten nur Zeiten angesehen werden, die ein betreffender Arzt vor seiner Einstellung als Arzt in das dem TV-Ärzte unterfallende Arbeitsverhältnis zurückgelegt habe. Nach der hier strittigen Tarifnorm werden während der Vorzeiten "ärztliche Tätigkeiten" gefordert. Dies sei im Lichte der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch ärztliche Tätigkeit als Arzt im Praktikum. Nach dieser Rechtsprechung sei ein Arzt im Praktikum zwar kein Arzt im Sinne des Medizinalrechts nach der BÄO und der ÄAppO, wohl aber erbringe dieser "ärztliche Tätigkeit" (BAG Urt. v. 08.11.2006 -4 AZR 624/05 -). Diese Auslegung stehe im Einklang mit § 35 ÄAppO a.F.. Zudem handele es sich bei der Tätigkeit als Arzt im Praktikum nicht um eine klassische Ausbildungstätigkeit. Denn nach der AiP-Zeit habe keine weitere Prüfung mehr abgelegt werden müssen. Der Betreffende habe schlicht die Approbation beantragt, die ihm in aller Regel erteilt worden sei. Es handele sich somit bei der AiP-Zeit um eine Zeit der Einarbeitung in den ärztlichen Beruf, während der zwangsläufig einschlägige Berufserfahrung gesammelt werde. Gegen die hier gefundene Auslegung spreche auch nicht der Wortlaut des § 19 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte/VKA. Bei Fassung dieser Norm hätten die Tarifvertragsparteien die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verkannt, wonach der Arzt im Praktikum unzweifelhaft ärztliche Tätigkeiten ausübe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.07.2008 (öD 6 Ca 1792 b/08) festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm ab 01.01.2008 Entgelt nach der Entgeltgruppe Ä 1, Stufe 5, des TV-Ärzte nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die beginnend mit dem 31.01.2008 jeweils monatlich fälligen Bruttodifferenzbeträge zwischen den Zahlungen gemäß Entgeltgruppe Ä 1, Stufe 4, und Ä 1, Stufe 5, des TV-Ärzte seit Rechtshängigkeit, d.h. seit Rechtshängigkeit der Klage, zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es ist der Ansicht, der Kläger missverstehe § 16 Abs. 2 S. 1 1. HS TV-Ärzte als Überschrift des gesamten Absatzes 2. § 16 Abs. 2 S. 1 1. HS TV-Ärzte beziehe sich aber nur auf § 16 Abs. 2 S. 1 2. HS TV-Ärzte. Das ergebe sich aus dem Doppelpunkt der Zusammenfassung in einem Satz. Entgegen der Auffassung des Klägers meine Satz 1 ärztliche Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber, Satz 2 nichtärztliche Tätigkeiten zum Beispiel als Psychologe, Apotheker oder Physiker. Eine solche Auslegung werde dem Wortsinn (ärztlich - nicht-ärztlich) gerecht. Des Weiteren würden Zeiten bei einem vorherigen Arbeitgeber vom Wortlaut "Vorzeiten" erfasst.
Der Kläger habe als AiP keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des Tarifrechts ausgeübt. Damit sei nur die Tätigkeit eines Arztes nach erlangter Approbation gemeint. Von einem solchen Verständnis der ärztlichen Tätigkeit seien auch die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des TV-Ärzte ausgegangen. Die Gewerkschaft habe in Kenntnis dieser Sachlage versucht, eine Gleichstellung der Tätigkeit des AiP mit der ärztlichen Tätigkeit zu erreichen. Sie habe sich in diesem Punkt jedoch nicht durchsetzen können. Daher könne § 16 Abs. 2 TV-Ärzte nicht so verstanden werden, dass damit auch die Tätigkeit des Arztes im Praktikum erfasst werde. Für diese Auslegung spreche schließlich auch die Regelung des § 19 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte. Dort werde ausdrücklich eine Tätigkeit als AiP einer ärztlichen Tätigkeit gleichgestellt. Im Umkehrschluss sei dies beim TV-Ärzte nicht der Fall, weil in TV-Ärzte eine vergleichbare Regelung gerade fehle.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Tätigkeit des Klägers als Arzt im Praktikum ist bei der Stufenzuordnung weder gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte noch gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte zu berücksichtigen. Das haben in vergleichbaren Fällen bereits die 4. und die 5. Kammer des hiesigen Landesarbeitsgerichts (Urt. v. 30.10.2008 - 4 Sa 280/08 -, zit. nach JURIS; 27.01.2009 - 5 Sa 368/08 -) entschieden. Den dortigen Ausführungen schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.
I.
Die Zeit, die der Kläger als Arzt im Praktikum verbracht hat, ist nicht gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 HS 2 TV-Ärzte als Zeit mit einschlägiger Berufserfahrung und damit als förderliche Zeit zu berücksichtigen. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift.
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 07.07.2004 - 4 AZR 433/03 -, BAGE 111, 204, 209; BAG Urt. v. 18.04.2007 - 4 AZR 661/05 -, zit. nach JURIS).
2. Danach handelt es sich bei der AiP-Zeit des Klägers nicht um eine anrechnungsfähige Vorzeit ärztlicher Tätigkeit in Sinne von § 16 Abs. 2 S. 1 HS 2 TV-Ärzte, die bei der Stufenzuordnung als Zeit mit einschlägiger Berufserfahrung und somit als förderliche Zeit zu berücksichtigen ist. Auslegungsbedürftig sind die Begriffe "Vorzeiten", "ärztliche Tätigkeit" und "einschlägige Berufserfahrung".
a) Dem Wortlaut der Tarifnorm selbst lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob es sich bei der Tätigkeit als Arzt im Praktikum um "ärztliche Tätigkeit" im Tarifsinne handelt. Wie schon der BAT definiert auch der TV-Ärzte nicht, was unter "ärztlicher Tätigkeit" zu verstehen ist und wer "Arzt" im Sinne des Tarifvertrages ist.
Indessen erschließt sich aus dem systematischen Aufbau der Vorschrift, dem Gesamtzusammenhang des TV-Ärzte sowie dem dazugehörigen Überleitungstarifvertrag (TVÜ-Ärzte), aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie aus der Entstehungsgeschichte, dass nur solche Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit anrechnungsfähig sind, während derer ein approbierter Arzt "einschlägige Berufserfahrung" erworben hat.
aa) Mit dem Begriff "ärztliche Tätigkeit" haben die Tarifvertragsparteien einen sowohl im Tarifrecht als auch im Medizinalrecht gängigen Begriff verwendet. In den die Eingruppierung der Ärzte betreffenden Fallgruppen der Anlage 1 a zum BAT/BL findet sich das Tarifmerkmal der "ärztliche Tätigkeit". Nach der Fallgr. 13 erhielten "Ärzte nach fünfjähriger ärztlicher Tätigkeit" Vergütung der VergGr. I b BAT/BL. Die VergGr. I b Fallgr. 7 BAT/VKA enthielt eine entsprechende Regelung.
Das Bundesarbeitsgericht hat zu diesen Tarifvorschriften mehrfach entschieden, dass die AiP-Tätigkeit selbst dann keine ärztliche Tätigkeit im Sinne der genannten Vergütungsgruppen sei, wenn der Arzt im Praktikum als Stationsarzt eingesetzt worden sei und regelmäßig Bereitschaftsdienst geleistet habe (vgl. BAG 10.12.1997 - 4 AZR 39/96 -, AP Nr. 228 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG 25.09.1996 - 4 AZR 200/95 -, AP Nr. 218 zu §§ 22, 23 BAT 1975; auch BAG 08.11.2006 - 4 AZR 624/05 -, NZA-RR 2007, 303). Entscheidend ist, wie das Bundesarbeitsgericht betont, dass es sich bei dem Begriff des Arztes um einen feststehenden Begriff des Medizinalrechts handelt. Grundlegend ist dieses Recht in der Bundesärzteordnung (BÄO) geregelt. Danach ist die Ausübung des ärztlichen Berufes die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin". Diese Berufsbezeichnung darf grundsätzlich nur führen, wer als Arzt approbiert ist, § 2 Abs. 1 BÄO. Das Bundesarbeitsgericht hat in den genannten Entscheidungen zum Fallgruppenaufstieg nach dem BAT entschieden, dass "ärztliche Tätigkeiten" nur Tätigkeiten sind, die der Arzt als Arzt im Sinne der BÄO ausüben darf. Der Begriff "ärztliche Tätigkeit" ist im Sinne der tariflichen Eingruppierungsmerkmale mithin nicht losgelöst von der Berufsbezeichnung "Arzt" zu verstehen. Gemäß § 2 a BÄO darf die Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin" aber nur führen, wer als Arzt oder Ärztin approbiert oder nach § 2 Abs. 2, 3 oder 4 BÄO zur Ausübung des ärztlichen Berufs befugt ist.
bb) Bei Abschluss des TV-Ärzte waren den Tarifvertragsparteien sowohl die Vorschriften der BÄO als auch die Regelungen der §§ 34 ff. ÄAppO a.F., insbesondere § 35 ÄAppO a.F., als auch die oben dargestellte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Begriffen des Arztes und der ärztlichen Tätigkeit in den entsprechenden Vergütungsgruppen zum BAT bekannt. Sie hätten daher Anlass gehabt, wenn sie die AiP-Zeiten künftig als "ärztliche Tätigkeit" angesehen und behandelt wissen wollten, ihren dahingehenden Regelungswillen eindeutig und klar niederzulegen (LAG Düsseldorf 16.04.2008 - 12 Sa 2237/07 -, zit. nach JURIS). Weil die Tarifvertragsparteien gleichwohl keine von der medizinalrechtlichen Sichtweise abweichende Klarstellung in den Tarifvertrag aufgenommen haben, ist auch für den TV-Ärzte von dem Begriff des Arztes im Sinne des inländischen Medizinalrechtes auszugehen (Wahlers, DÖD 2008, 127, 130). Demnach ist "ärztliche Tätigkeit" i. S. v. § 16 Abs. 2 S. 1 HS 1 TV-Ärzte nur die Tätigkeit, die ein Arzt nach Erteilung der Approbation leistet.
cc) Diesem Auslegungsergebnis steht auch nicht § 10 Abs. 4 BÄO a.F. (gültig bis 27.06.2004) i. V. m. § 10 Abs. 6 BÄO entgegen.
Gemäß § 10 Abs. 4 BÄO a.F. erhielt derjenige, der das Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen hatte, auf Antrag eine auf die Tätigkeit als Arzt im Praktikum beschränkte Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Die Erlaubnis bezog sich nur auf die Tätigkeit eines Arztes im Praktikum und nicht auf diejenige Tätigkeit eines (approbierten) Arztes. Nichts anderes besagt die dem Kläger mit Datum 01.06.2003 (Anlage K 3 = Bl. 11 d.A.) erteilte Erlaubnis.
Ein Arzt im Praktikum ist (noch) kein Arzt. Arzt im medizinalrechtlichen und tariflichen Sinne ist nur der approbierte Arzt. Nur dieser kann "ärztliche Tätigkeit" ausüben. Dies gilt unabhängig davon, dass der Arzt im Praktikum nach Ende der Praktikumszeit keine Prüfung mehr ablegen musste. Die Tätigkeit des Arztes im Praktikum war Teil der Ausbildung. Die Ausbildung endete erst mit Ablauf dieser Zeit und mit Erlangung der Approbation.
Zu keiner anderen Beurteilung führt, dass der Arzt im Praktikum in der Praxis häufig vergleichbar einem späteren Assistenzarzt gearbeitet hat. In § 35 ÄAppO a.F. (gültig vom 01.10.2003 bis 26.07.2004) war ausdrücklich geregelt, dass der Arzt im Praktikum im Hinblick auf das genannte Ausbildungsziel unter Aufsicht von approbierten Ärzten "ärztlich tätig" wird. Die unter Aufsicht zu Ausbildungszwecken ausgeführte ärztliche Tätigkeit ist nicht gleichzusetzen mit der eigenverantwortlichen "ärztlichen Tätigkeit" eines Arztes. Aus der Formulierung "ärztlich tätig" in § 35 ÄAppO a. F. lässt sich nicht ableiten, dass damit eine "ärztliche Tätigkeit" im Sinne des Tarifrechts zu verstehen ist. Es bleibt aus den oben dargelegten Gründen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einschlägig. Die Tarifvertragsparteien haben in Kenntnis dieser Rechtsprechung im TV-Ärzte keine andere Regelung getroffen.
dd) Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 08.11.2006 - 4 AZR 624/05 - zwingt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar führt das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung aus, dass auch dem Arzt im Praktikum ärztliche Tätigkeiten übertragen werden. Es heißt dort aber gleichzeitig (vgl. Rn 33, zit. nach JURIS), dass dies mit den sich aus der ÄAppO für die AiP-Ausbildung ergebenden Vorgaben geschieht.
Die Tätigkeiten eines Arztes im Praktikum sind ohne weiteres "ärztliche Tätigkeiten" im umgangssprachlichen Sinne. Entscheidend ist aber, dass das Bundesarbeitsgericht bezogen auf den BAT die ärztlichen Tätigkeiten nicht im umgangssprachlichen, sondern im medizinalrechtlichen Sinne verstanden hat. Hätten die Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte eine andere - von diesem Begriffsverständnis abweichende - Regelung gewollt, so hätten sie diese in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erkennbar treffen müssen (LAG Schleswig-Holstein, 30.10.2008 - 4 Sa 280/08 -, a. a. O.).
Die Tätigkeit eines Arztes im Praktikum ist deshalb keine "ärztliche Tätigkeit" im Sinne von § 16 Abs. 2 S. 1 HS 1 TV-Ärzte.
b) Unter Vorzeiten sind nicht Zeiten vor Erlangung der Approbation und damit Ausbildungszeiten oder AiP-Zeiten zu verstehen, sondern Zeiten ärztlicher Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs des TV-Ärzte. Zutreffend weist das beklagte Land auf die zeitliche Dimension des Rechtsbegriffs der "Vorzeiten" hin. § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte und damit auch der Begriff der "Vorzeiten" ist im Zusammenhang mit § 5 S. 3 TVÜ-Ärzte zu lesen. Nach dieser Überleitungsvorschrift werden die Ärzte derjenigen Stufe der Entgeltgruppe (§ 12 TV-Ärzte) zugeordnet, die diese erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Für die Stufenfindung bei der Überleitung sollen gemäß § 5 S. 2 TVÜ-Ärzte die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber zählen. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei der Stufenfindung wiederum soll gemäß § 5 S. 3 TVÜ-Ärzte der § 16 Abs. 2 TV-Ärzte gelten.
Sieht man danach § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte bei der Auslegung des Begriffes Vorzeiten im Zusammenhang mit § 5 S. 3 TVÜ-Ärzte, so wird deutlich, dass mit Vorzeiten jene ärztlichen Tätigkeiten gemeint sind, die der Arzt zuvor außerhalb von Universitätskliniken - also außerhalb des Anwendungsbereiches des TV-Ärzte - erbracht hat. Dass nur solche Vorzeiten gemeint sind, ergibt ein Vergleich mit § 5 S. 2 TVÜ-Ärzte, weil dort die Stufenfindung bezüglich der Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber geregelt wird.
c) Ausgehend von diesem Verständnis des Begriffes "Vorzeiten" ist auch der Begriff der "einschlägigen Berufserfahrung" im zweiten Halbsatz des § 16 Abs. 1 S. 1 TV-Ärzte auszulegen. Wenn auf Berufserfahrung abgestellt wird, kann es sich nur um die in einem Beruf gesammelte Erfahrung handeln. Während einer Ausbildung kann aber für den noch nicht erreichten Beruf keine Erfahrung gesammelt werden. Ein Beruf ist erst dann erlangt, wenn die Ausbildung abgeschlossen ist. Einschlägige Berufserfahrung ist daher eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Dabei muss es sich um einschlägige ärztliche Tätigkeit handeln, also um jene Tätigkeit, die ein Arzt nach erlangter Approbation erbringt.
d) Auch die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages spricht dafür, dass die AiP-Zeit im Rahmen des § 16 Abs. 1 S. 2 TV-Ärzte unberücksichtigt zu bleiben hat. In den Tarifvertragsverhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der TdL war die Anrechnung der AiP-Zeiten ein streitiger Verhandlungspunkt. Der Marburger Bund vermochte anders als in § 19 Abs. 2 S. 1 und 2 TV-Ärzte/VKA keine Regelung durchzusetzen, wonach eine Tätigkeit als Ärztin/Arzt im Praktikum als ärztliche Tätigkeit gilt. Aus der Formulierung "gilt" als ärztliche Tätigkeit kann geschlossen werden, dass die dortigen Tarifvertragsparteien, also auch der Marburger Bund, davon ausgegangen sind, dass die AiP-Zeit grundsätzlich gerade keine ärztliche Zeit ist, sondern lediglich als solche gilt bzw. fingiert wird. Da es dem Marburger Bund nicht gelungen ist, auch in § 16 Abs. 2 TV-Ärzte eine solche Fiktion zu vereinbaren, fehlt jeder Ansatzpunkt dafür, dass die Tarifvertragsparteien die AiP-Zeit dennoch als anrechnungsfähige Zeit vereinbaren wollten.
e) Soweit sich der Kläger im Übrigen darauf bezieht, dass die AiP-Zeit im Rahmen der Weiterbildungsordnungen berücksichtigt wird, kann dies nicht als überzeugendes Argument für eine zwingende Berücksichtigung der AiP-Zeit bei der Stufenzuordnung des § 16 Abs. 2 TV-Ärzte dienen. Die Frage, ob und in welchem Umfang nach den Weiterbildungsverordnungen verschiedene Tätigkeiten und damit auch jene des Arztes im Praktikum auf die Facharztausbildung angerechnet werden, ist für das tarifliche Verständnis der ärztlichen Tätigkeit unerheblich. Insoweit ist das Tarifrecht von dem berufsständischen Kammerrecht zu trennen. Die Tarifvertragsparteien sind an Regelungen und Begrifflichkeiten des Kammerrechts nicht gebunden.
f) Entgegen der Auffassung des Klägers wird mit einem solchen Verständnis der tariflichen Begriffe in § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte die Regelung des § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärtze auch nicht in weiten Teilen inhaltsleer. Vielmehr finden sowohl § 16 Abs. 1 S. 1 HS. 2 TV-Ärzte als auch § 16 Abs. 1 S. 2 TV-Ärzte sinnvolle Anwendungsbereiche.
§ 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte regelt in seinem 2. Halbsatz die Frage, unter welchen Voraussetzungen Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Dies sind die Tätigkeiten aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis als Arzt, also jene Tätigkeiten, die der Arzt als ärztliche Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erbracht hat, der nicht unter den Tarifvertrag des TV-Ärzte fiel.
Bei einem solchen Verständnis des § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte bleibt auch noch ein Anwendungsbereich für § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte. Nach dieser Vorschrift können auch Zeiten nichtärztlicher Tätigkeit als Berufserfahrung berücksichtigt werden. Die Tarifvertragsparteien haben ausgehend vom Wortlaut abgestellt auf Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit. Der Begriff der Berufserfahrung setzt zunächst eine abgeschlossene Berufsausbildung voraus. Diese Berufserfahrung wiederum muss sich auf eine nichtärztliche Tätigkeit beziehen, also gerade auf eine Tätigkeit, die nicht die eines approbierten Arztes ist. Die Tarifvertragsparteien wollten mit dieser Regelung die Möglichkeit eröffnen, dass der Arbeitgeber im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens prüft, ob nichtärztliche Tätigkeiten wie jene eines Biochemikers, Pharmazeuten, Physikers, Psychologen oder Apothekers zu berücksichtigen sind, weil diese möglicherweise arztverwandt sind und nützliche Kenntnisse und Erfahrungen für die Tätigkeit als Arzt oder Ärztin an einer Universitätsklinik mit sich bringen können. Es geht also gerade um Tätigkeiten außerhalb der ärztlichen Tätigkeit, die auf der Grundlage einer abgeschlossenen allgemein anerkannten Berufsausbildung erbracht werden und die förderlich sein können für die spätere Tätigkeit als Ärztin oder Arzt. In jedem Fall setzt die nichtärztliche Tätigkeit gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte die Ausübung eines Berufes voraus. Im Gegensatz dazu ist die Tätigkeit als AiP keine berufliche Tätigkeit im Sinne des Tarifbegriffs "Berufserfahrung", sondern noch Ausbildung, wie auch die Begriffswahl "Arzt im Praktikum" zeigt. Während der Ausbildungszeit sammelt der Lernende noch keine "Berufserfahrung", sondern bereitet sich auf einen Beruf vor (LAG München Urteil v. 22.04.2008 - 7 Sa 18/08 -, zit. nach JURIS, Rn. 48).
Die Auslegung des § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte macht deutlich, dass die alternativen Regelungen des § 16 Abs. 2 TV-Ärzte nicht leerlaufen, sondern sinnvoll nebeneinander bestehen können. Dem Kläger ist einzuräumen, dass die Gliederung des § 16 Abs. 2 TV-Ärzte nicht gelungen ist. Denn mit diesem Verständnis bezieht sich der § 16 Abs. 2 S. 1 HS 1 1 TV-Ärzte nach dem Doppelpunkt nur auf den zweiten Halbsatz, jedoch nicht auf den Satz 2. Der Satz 2 hätte daher eigentlich getrennt von dem Einleitungssatz des § 16 Abs. 2 S. 1 HS. 1 TV-Ärzte formuliert werden müssen. Dies zwingt jedoch nicht zu einem anderen Tarifverständnis. Denn schon der Wortlaut des § 16 Abs. 2 S. 1 HS. 1 TV-Ärzte macht mit der Formulierung "ärztlicher Tätigkeit" deutlich, dass sich die dortige Regelung nicht auf § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte beziehen kann, weil dort gerade von "nichtärztlicher Tätigkeit" gesprochen wird. Der Regelungsgehalt ist verschieden. Im Übrigen ist auch ein Verständnis möglich, dass sich der 1. Halbsatz vor dem Doppelpunkt nur auf den 2. Halbsatz nach dem Doppelpunkt bezieht, jedoch nicht auf den weiteren durch einen Punkt vom Satz 1 getrennten Satz 2.
Demzufolge kann der Kläger nicht bereits mit Wirkung ab dem 01.01.2008 eine Vergütung nach EntgGr. Ä1 Stufe 5 gemäß §§ 12, 15 TV-Ärzte i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte beanspruchen. Die AiP-Zeiten sind bei der Stufeneinordnung nicht gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte zu berücksichtigen.
II.
Die Tätigkeit als Arzt im Praktikum kann auch nicht als Zeit von Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte berücksichtigt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem oben beschriebenen unterschiedlichen Anwendungsbereich beider Regelungen des § 16 Abs. 2 TV-Ärzte. § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte setzt Berufserfahrung voraus, also einen Berufsabschluss. Die Zeit des Arztes im Praktikum ist jedoch keine Zeit der Berufserfahrung, sondern eine solche der Ausbildung. Auch handelt es sich nicht um nichtärztliche Tätigkeit, sondern um ärztliche Tätigkeit im umgangssprachlichen Sinne, jedoch nicht um eine berücksichtigungsfähige ärztliche Tätigkeit im tarifrechtlichen Sinne. Mit anderen Worten: Ärztliche Tätigkeit im umgangssprachlichen Sinne, die nicht als ärztliche Tätigkeit im tariflichen Sinne von § 16 Abs. 2 S. 1 TV-Ärzte erfasst wird, also die Tätigkeit des Arztes im Praktikum, kann nicht von § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte als Auffangtatbestand erfasst werden. Dies widerspricht aus den oben dargelegten Gründen bereits dem Wortlaut der Berufserfahrung. Zudem ist nichtärztliche Tätigkeit auch nicht eine "vorärztliche" Tätigkeit (so aber LAG Düsseldorf, Urteil v. 16.04.2008 - 12 Sa 2237/07 -, zit. nach JURIS, Rn. 14). Die Tätigkeit eines Arztes im Praktikum wird nicht deshalb zur nichtärztlichen Tätigkeit, weil sie wegen ihres Ausbildungscharakters noch nicht den Tarifbegriff der ärztlichen Tätigkeit erfüllt. Sie bleibt umgangssprachlich dem Bereich der ärztlichen Tätigkeit zugeordnet, allerdings noch im Ausbildungsstadium. Damit wird sie aber nicht zur nichtärztlichen Tätigkeit, die andere Berufe außerhalb der ärztlichen Tätigkeit erfasst.
III.
Auch das Verfassungsrecht gebietet keine dahingehende Auslegung des § 16 Abs. 2 S. 1 beziehungsweise des § 16 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte, dass die AiP-Zeiten bei der Stufenordnung berücksichtigt werden müssen. Der Kläger mag es als ungerecht empfinden, dass diese Zeiten bei der Stufenzuordnung unberücksichtigt bleiben, obwohl er während seiner Tätigkeit als Arzt im Praktikum vergleichbar einem Assistenzarzt gearbeitet hat und eingesetzt wurde. Entscheidend bleibt, dass die Tarifvertragsparteien sich nicht darauf verständigt haben, im Bereich des TV-Ärzte die AiP-Tätigkeit zu berücksichtigen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Artikel 3 Abs. 1 GG folgt daraus nicht. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Tarifvertragsparteien Zeiten nach Abschluss einer Ausbildung anders bewerten als Zeiten vor Abschluss der Ausbildung, und zwar unabhängig davon, ob möglicherweise die Tätigkeit in der letzten Phase der Ausbildung identisch oder nahezu identisch ist mit jener nach Abschluss der Ausbildung. Insoweit liegen unterschiedliche Sachverhalte vor. Das Ende der Ausbildung, also beim Arzt die Erlangung der Approbation, ist ein sachlicher Grund, um Tätigkeiten mit Approbation anders zu beurteilen als Ausbildungstätigkeiten vor Erlangung der Approbation. Eine Überprüfung, ob die Tarifvertragsparteien auch die jeweils gerechteste oder zweckmäßigste Regelung getroffen haben, steht den Gerichten für Arbeitssachen nicht zu (vgl. dazu Rambach/Feldmann, ZTR 2008, Seite 86).
IV.
Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie Divergenz zu den Entscheidungen des LAG Rheinland-Pfalz vom 22.08.2008, Az. 9 Sa 114/08, sowie des LAG Sachsen-Anhalt vom 24.04.2008, Az. 9 Sa 475/07 E, zuzulassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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